Fragen und Antworten zum Thema Mehrklassenbildung
In den letzten Wochen gab es viele Diskussionen um unseren Antrag zum Thema Mehrklassenbildungen an weiterführenden Schulen. Wir nehmen die Kritik an unserem Antrag ernst und haben das zum Anlass genommen, viele der diskutieren Fragen in einem FAQ zu beantworten. Wir wollen damit gerne zur Versachlichung beitragen und darstellen, warum viele der genannten Kritikpunkte aus unserer Sicht nicht zutreffend sind.
Führen viele Anmeldungen an einer Schule automatisch zu einer Mehrklassenbildung an dieser Schule?
Nein. In den letzten Jahren haben (zu) viele Anmeldungen an einer Schule nicht dazu geführt, dass immer an dieser Schule eine Mehrklasse gebildet wurde. Zu bedenken ist zudem, dass Schüler*innen bzw. deren Eltern bei der Anmeldung nicht wissen (können), wie viele Anmeldungen an der gewünschten Schule und wie viele Anmeldungen insgesamt an der Schulform zu Stande kommen. Das heißt, dass Schüler*innen bzw. Eltern direkt bei der Anmeldung auch bisher nicht wissen konnten, ob eine Mehrklasse am ihrer Wunschschule gebildet wird.
Beispiele:
a) 2021 gab es Anmeldeüberhänge an den Gymnasien Helmholtz (35 Anmeldungen mehr als Plätze), Ceci (28 Anmeldungen mehr) und Waldhof (29 Anmeldungen mehr). Die Mehrklasse wurde ausschließlich am Helmholtz-Gymnasium gebildet.
b) 2022 gab es Anmeldeüberhänge an den Gymnasien Helmholtz (14 Anmeldungen mehr), Ceci (26 Anmeldungen mehr), Waldhof (21 Anmeldungen mehr) und Ratsgymnasium (18 Anmeldungen mehr). Die Mehrklasse wurde am Ratsgymnasium gebildet.
c) Die Realschule Heepen hatte 2021 mit 47 und 2022 mit 60 deutlich mehr Anmeldungen als Plätze. Die Mehrklasse wurde in beiden Jahren dennoch an der ebenfalls sehr beliebten Luisenrealschule gebildet, die Realschule Heepen hat jeweils keine Mehrklasse gebildet.
Widerspricht der Antrag dem Elternwillen?
Nein. Schulen haben eine festgelegte Größe bzw. Platzzahl (Zügigkeit). Wenn es beispielsweise 108 Plätze an einer Schule gibt, kann die Schule auch nur 108 Kinder aufnehmen. Eltern haben laut Schulgesetz kein Recht auf einen Platz an einer bestimmten Schule, sondern ein Recht auf einen Schulplatz in der gewünschten Schulform. Möchten Eltern ihr Kind z.B. auf eine Realschule schicken (sofern das Kind eine entsprechende Empfehlung aus der Grundschule hat), so muss der Schulträger (in dem Fall die Stadt Bielefeld) einen Schulplatz in der Schulform ermöglichen. Sollten keine Plätze an Realschulen mehr frei sein, so muss die Stadt über die Bildung einer Mehrklasse an einer Realschule für Abhilfe sorgen. Das muss jedoch nicht die Schule sein, an der sich das Kind ursprünglich angemeldet hat. Die Koalition hält sich mit dem Antrag an die Vorgaben des Schulgesetzes.
Werden Schüler*innen gegen ihren Willen quer durch die Stadt geschickt?
Diese Frage suggeriert, Schüler*innen bzw. deren Eltern hätten sich bisher immer die Schule ausgesucht, die am nächsten zum Wohnort lag. Das ist schlicht falsch. Das Gegenteil ist der Fall: Seit Jahren erleben wir bei vielen Schüler*innen bzw. Eltern eine verstärkte Anwahl der Schulen in der Innenstadt (Luisenrealschule, Helmholtz-Gymnasium, Gymnasium am Waldhof und Ceci), dafür werden auch bereits jetzt längere Anfahrten aus den äußeren Stadtbezirken gerne in Kauf genommen. Beispiele:
a) Das Ceci hat laut Schulentwicklungsplan 2020 ganze 10 Kinder aus der Grundschule Ubbedissen, 6 Kinder aus der Stieghorstschule und 9 Kinder aus der Osninggrundschule bekommen. Das macht mit 25 Kindern fast eine ganze Klasse aus. Sowohl für diese 25 Schüler*innen als auch für 4 Kinder, die das Ceci aus den Heeper Grundschulen aufgenommen hat, wäre platz- und fahrttechnisch das Heeper Gymnasium genauso akzeptabel und zum Teil naheliegender. Dieses hatte 2021 ganze 41 Plätze frei, 2022 sogar 48 Plätze.
b) Das Gymnasium am Waldhof hat laut Schulentwicklungsplan 2020 viele Kinder aus dem Bielefelder Süden (9 Kinder aus Quelle, 3-7 aus Ummeln, einige aus Senne) aufgenommen, die ebenso problemlos das Gymnasium Brackwede ansteuern könnten (2021 waren 7 Plätze frei, 2022 waren 24 Plätze frei).
Sollen Eltern mit dem Antrag von begehrten Schulen abgebracht werden?
Hier besteht kein Zusammenhang. Mehrklassen fangen immer nur einen Bruchteil der Überhänge auf, der Großteil musste sich schon immer eine andere Schule suchen. Jedes Jahr „drohte“ den Eltern, dass der Platz an der Wunschschule nicht reichen wird. Die Motivation der Eltern, ihre Wunschschule für die Anmeldung zu wählen, hat es nie getrübt.
Beispiele:
a) Die Luisenrealschule hat in den letzten drei Jahren insgesamt 220 Plätze zu wenig gehabt. In zwei der drei Jahren wurde eine Mehrklasse mit jeweils 27 Schüler*innen an der Luisenschule gebildet, es wurden also in den letzten drei Jahren 54 zusätzliche Schulplätze geschaffen. Im Ergebnis heißt das, dass in den letzten drei Jahren insgesamt 166 Schüler*innen keinen Schulplatz an ihrer Wunschschule erhalten haben und abgewiesen wurden. Trotzdem melden sich Jahr für Jahr mehr Schüler*innen an als Plätze da sind.
b) Die Realschule Heepen hat in den vergangenen drei Jahren insgesamt 166 Anmeldungen mehr gehabt als Plätze zur Verfügung stehen. All diese Kinder wurden abgewiesen, in den letzten drei Jahren wurde trotz des großen Anmeldeüberhangs keine Mehrklasse an der Realschule Heepen gebildet. Trotzdem hat die Schule Jahr für Jahr mehr Anmeldungen als Plätze.
Wieso wird der Antrag ohne jegliche Evaluation der Schüler*innenzahlen und der Schüler*innenbewegungen gestellt?
Das Elternwahlverhalten ändert sich jährlich, eine Prognose wäre daher unmöglich und unseriös. Die Anmeldezahlen der letzten Jahre zeigen aber Trends auf. Letztlich entscheidet aber jede*r Schüler*in individuell, welche Schule im Falle einer Absage für die Wunschschule ausgesucht wird. Hier lässt sich einfach keine seriöse Prognose machen.
Sind damit zukünftig Mehrklassen ausgeschlossen?
Nein. Sollten sich an einer Schulform mehr Kinder anmelden als insgesamt Plätze an der Schulform in Bielefeld zur Verfügung stehen, muss und wird die Stadt über eine Mehrklasse in der entsprechenden Schulform nachsteuern.
Konkret: Sollten sich bspw. an den Realschulen mehr Kinder als die 864 vorhandenen Plätze anmelden, muss und wird die Stadt über eine Mehrklasse nachsteuern.
Welchen Nachteil können Mehrklassen für Schulen haben?
Selten sind die Schulen räumlich so gut ausgestattet, dass sie für eine Mehrklasse so ohne Weiteres einen zusätzlichen Klassenraum, in dem mindestens 27 Schüler*innen Platz finden, bereitstellen können. Mehrklassen kosten zusätzliches Geld, wohingegen an anderen Schulen mit wenigen Anmeldungen Klassenräume nicht genutzt werden.