Regina Kopp-Herr zum FDP-Antrag "Rasenmäher statt RasenmäherIn – unsere Sprache nicht verrenken!"

Die Bielefelder Landtagsabgeordnete Regina Kopp-Herr sprach in der Antragsberatung am 10.11.2016 offen gegen den von der FDP-Fraktion vorgebrachten Antrag " Rasenmäher statt RasenmäherIn – unsere Sprache nicht verrenken!" aus. In diesem fordert die FDP-Fraktion dazu auf, auf eine verpflichtende geschlechtergerechte Sprache in öffentlichen Institutionen zu verzichten, da diese nicht zu dem Ansinnen der Gleichstellung der Geschlechter beitrüge (Lesen Sie den gesamten Antrag hier).

Regina Kopp-Herr, der das Thema 'Gleichstellung' nicht nur als Sprecherin des Ausschusses für Frauen, Gleichstellung und Emanzipation besonders am Herzen liegt, äußerte sich im Plenum gegenüber dem Antrag deutlich kritisch:

Ich weiß nicht wie es Ihnen geht; wenn ich morgens meine Tageszeitung lese, und mir begegnen Politiker, Bürger, Erzieher......dann frage ich mich: Wo bleibe ich hier eigentlich? Ich komme nicht vor, denn ich bin weder Politiker, noch Bürger und auch nicht Erzieher. Ich bin Politikerin, Bürgerin, keine Erzieherin, das ist der Beruf meiner ältesten Tochter. Ich bin kein Mann, sondern eine Frau. Und genau so wird es den Menschen ergehen, die sich keinem Geschlecht zuordnen. Sie kommen gar nicht erst vor. Das als Vorbemerkung.

Liebe FDP! Ihr Antrag ist sowohl lächerlich, als auch überflüssig! Sie beziehen sich u.a. auf die genauso lächerlichen Vorschläge der linken Jugend aus Flensburg, Büromaterialien sprachlich zu gendern. Der Antrag fand, Gott sei dank, auch bei den eigenen Leuten der Linken in Flensburg keine Mehrheit. Er fand aber "lächerliche" Aufmerksamkeit dort im Rathaus.


Der FDP Antrag, ebenso der Antrag der linken Jugend Flensburg erweisen der Entwicklung, Anwendung und Akzeptanz einer geschlechtergerechten und geschlechterbewussten Sprache einen Bärendienst. Sie geben Sie der Lächerlichkeit und Nichternsthaftigkeit preis. Das können wir nicht hinnehmen.

Gott sei dank gibt es aber genügend Institutionen wie Universitäten und Hochschulen, Ministerien und Kommunen, die schon lange die Bedeutung und die Wichtigkeit einer geschlechtergerechten Sprach erkannt haben. Ihnen ist klar, dass alle Menschen angesprochen werden wollen. Deshalb ist eine geschlechtergerechte Sprache auch immer eine respektvolle Sprache (Passt ja auch gut zur nächsten Woche).

Das lässt sich in den vielen Handlungsempfehlungen und Leitfäden nachlesen, die es zur Anwendung einer geschlechtergerechten und geschlechterbewussten Sprache gibt. Alle beginnen im Vorwort mit der Erklärung, dass Sprache nicht nur das wichtigste Verständigungsmittel ist, sondern gleichzeitig auch Spiegel unseres Denkens und Bewusstseins. So habe ich viel Sympathie für den Beschluss des Grünen Bundesparteitages 2015, den Gender Star oder das Gendersternchen konsequent anzuwenden. Dadurch und durch das Nutzen von Paarformulierungen, ebenso wie die Möglichkeit der geschlechterneutralen Ausdrucksweise, lassen sich Texte erstellen, in denen sich alle Menschen wieder finden. An die veränderte Lesbarkeit der Texte haben oder werden wir uns schnell gewöhnen, denn Menschen sind ja bekanntlich Gewohnheitstiere. Es sei denn, ich will mich nicht gewöhnen.

Im übrigen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP. Die Anwendung einer geschlechtergerechten Sprache ist längst gesetzlich festgeschriebenes Recht in NRW. Im Jahr 2008 hat die Landesregierung eine Broschüre veröffentlicht mit dem Titel: "Gleichstellung von Mann und Frau in der Rechtssprache, Hinweise, Anwendungsmöglichkeiten, Beispiele." Grundlage ist der Paragraph vier des LGG, wie in der Broschüre nachzulesen ist. Die Federführung bei der Erstellung lag beim Justizministerium in Zusammenarbeit mit dem damaligen Ministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration NRW und dem Innenministerium NRW. Wenn ich es recht erinnere hießen die Ministerin und die Minister Müller-Piepenkötter, Laschet und Wolff. Letzterer ist Mitglied der FDP.

So ist der Antrag unserer Auffassung nach rechtswidrig. Er verstößt gegen geltendes Recht. Die Forderung unter den Spiegelstrichen eins bis drei im Antrag sind damit beantwortet. Zu Spiegelstrich vier ist zu sagen: Es gibt kein Gesetz oder keine Regel, die vorschreibt, das das Nichtverwenden einer geschlechtergerechten Sprache zu Punktabzügen oder Nichtbestehen von Prüfungen bei Hausarbeiten oder Prüfungen von Studierenden führt. Wenn es im Einzelfall zu solchem Vorgehen kommt, liegt das ganz im Ermessen der oder des Lehrenden. Denn wir haben die im Grundgesetz festgeschriebene Freiheit von Forschung und Lehre, die nicht politisch reguliert werden darf. Ich dachte immer das wäre gerade für die FDP ein hohes Gut. Darüber hinaus habe ich mich erkundigt. Dem zuständigen Ministerium liegen keine entsprechenden Angaben Studierender vor.

Wäre es Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, tatsächlich um Inhalte gegangen, hätten sie die Überweisung in den Fachausschuss beantragt und keine direkte Abstimmung gefordert, denn dann hätten wir die Chance gehabt, uns vertieft und seriös mit dem Thema "geschlechtergerechten Sprache" auseinander setzen zu können. So hätten wir uns gemeinsam dafür stark machen können, das über den öffentlichen Bereich hinaus, gerade in der Medienlandschaft sich der geschlechtergerechte Sprachgebrauch noch deutlich verbessern kann. Salopp ausgedrückt: Da ist noch jede Menge Luft nach oben.


Wir wollen eine fortschrittliche Politik. Dazu gehört für uns die geschlechtergerechte und geschlechterbewusste Sprache. Wir lehnen den Antrag aus Überzeugung und tiefstem Herzen ab.
Vielen Dank

Der Antrag - Drucksache 16/13311 - wurde nach Beratung in direkter Abstimmung mit den Stimmen der Fraktionen von SPD, GRÜNEN und PIRATEN gegen die Stimmen der Fraktionen von CDU und FDP abgelehnt.