Kita-Situation in Bielefeld

Seit Sommer letzten Jahres haben unsere Kinder- und Jugendpolitikerinnen zahlreiche Gespräche mit verschiedenen Kita-Bereichsleitungen der Träger sowie der Verwaltung geführt. Die Situation ist besorgniserregend, da sich die Problematik nicht an einem Punkt festmachen lässt, sondern das gesamte System unterfinanziert ist. Bielefeld steht als wachsende Stadt vor zahlreichen Herausforderungen, die sich auch bundesweit beobachten lassen.

In Deutschland fehlt es einer Studie der Bertelsmann-Stiftung nach an ca. 100.000 Erzieher*innen. Die niedrige Personaldecke führt zur Überlastung des Personals und zu hohen Krankheitszahlen, was die Situation weiterhin verschärft. Die Verlässlichkeit des Kita-Alltags ist eingeschränkt und führt zu Unmut auf allen Seiten. Der steigende Wunsch nach Kita-Plätzen im Bereich U3 ist zudem in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Die Eltern wünschen sich eine Flexibilisierung der Öffnungszeiten, damit beide Elternteile ihrem Beruf nachgehen können. Diese Rahmenbedingungen wirken teilweise abschreckend auf junge Menschen, die vor der Berufswahl stehen, obwohl das Interesse an der Arbeit mit Kindern weiterhin hoch ist. Es braucht also schnelles Handeln. Wir haben drei Kernpunkte herausgearbeitet, an denen wir unmittelbar ansetzen müssen:

1. Finanzielle Ausstattung des Kita-Systems

Viele Probleme im Bereich Kita stehen und fallen mit der Finanzierung. Das Kibiz (Kinderbildungsgesetz NRW) ist in seiner jetzigen Form ein Problem für unsere Kita- Träger und muss von der Landesregierung schnellstmöglich reformiert werden. Die dort vorgesehenen Dynamisierungen liegen weit unter den tatsächlichen Kostensteigerungen. Die Mietpauschale ist zu gering, weshalb für viele eine Investition in eine Kita unattraktiv ist. Die Kopfpauschale führt zur Planungsunsicherheit. Kita-Träger haben große finanzielle Löcher und geraten immer öfter in Schieflage. Sie brauchen eine sichere Finanzierung, um den Rechtsanspruch auf Kita und der damit verbundenen frühkindlichen Bildung nachkommen zu können.

Kita-Träger müssen so zum Beispiel einen Eigenanteil an ihrer Kita tragen. In Bielefeld beläuft sich die Gesamtsumme auf ca. 9,5 Mio. Euro, wovon die Stadt Bielefeld im Rahmen einer „freiwilligen Leistung“ bereits ca. 7 Mio. Euro übernimmt. Die Träger fordern eine 100%-Finanzierung, also auch die Übernahme der übrigen 2,5 Mio. Euro. Bis zum Sommer muss hierüber für das neue Kita-Jahr 2024/25 entschieden werden. Dazu befinden wir uns in Gesprächen mit der Koalition, der Verwaltung und den Kita-Trägern. Eine 100%-Finanzierung ist schwierig, eine weitere Teilfinanzierung ist jedoch notwendig.

2. Fachkräftemangel bekämpfen

Das Kita-Personal ist stark überlastet, viele Stellen sind unbesetzt. Gleichzeitig müssen die Erzieher*innen in den Kitas immer öfter Aufgaben übernehmen, die nichts mit der eigentlichen Arbeit mit dem Kind zu tun haben. Viele junge Menschen haben aber noch immer Interesse am Erzieher*innenberuf, es fehlen aber Ausbildungsplätze. Die Rettung des AWO-Berufskolleg war daher notwendig, um in Bielefeld und OWL Ausbildungsplätze anbieten zu können. Wir müssen alles daransetzen, mehr Ausbildungsplätze zu schaffen. In den städtischen Kitas und Einrichtungen der Erziehungshilfe wurden daher 25 Plätze bereitgestellt – Dafür nehmen wir 400.000 Euro in die Hand.

Besonders wichtig ist, dass die geschaffenen Ausbildungsplätze einen praxisintegrierten Schwerpunkt haben. Diese PiA—Stellen sind für junge Menschen wesentlich attraktiver, da sie keine rein schulische Ausbildung darstellen und sie ein Ausbildungsgehalt erhalten. Um diese kostenintensiven Ausbildungsplätze anbieten zu können, müssen wir kreativ sein. Eine Idee ist, für die Flexibilisierung der Öffnungszeiten bereitgestellte Fördergelder, die aufgrund fehlenden Personals von den Trägern nicht abgerufen werden konnten, in das System zu stecken. Aktuell verschwinden diese Gelder im Landeshaushalt, in den Kitas wären sie besser aufgehoben. In Bielefeld sind dies immerhin knapp 700.000 Euro.

3. Kita-Ausbau beschleunigen

In Bielefeld wurden in der jüngeren Vergangenheit bereits 13 neue Kitas gebaut. In der nahen Zukunft benötigen wir trotzdem noch 900 Kita-Plätze, um die steigende Nachfrage nach U3-Plätzen zu decken und um der steigenden Einwohner*innenzahl gerecht zu werden. Dafür brauchen wir bis zu 14 Kita-Neubauten. Dabei entscheidet der Jugendhilfeausschuss über den Träger einer neuen Kita, über den Standort entscheidet die Bezirksvertretung. Diese Prozesse haben in letzter Zeit oft zu lange gedauert. Wir brauchen hier mehr Tempo und schnellere Entscheidungen. Langwierige Verfahren sind für Träger und Investoren unattraktiv, für Eltern erschwert es die Kita-Platz-Suche.