Geschichte der SPD Bielefeld

In der fortlaufenden Sektion „Geschichte der SPD Bielefeld“ möchten wir Ihnen und Euch die wichtigen Persönlichkeiten und Ereignisse der inzwischen über 125 Jahre alten Historie der Bielefelder Sozialdemokratie vorstellen. Diese reicht zurück bis zur Gründung der SPD im Jahr 1890 in der Centralhalle auf dem Kesselbrink und ist geprägt vom Leitgedanken „Freiheit, Gleichheit, Solidarität“. Die SPD ist die älteste Partei in Bielefeld und ein Beispiel für gelebte Werte - hat sie sich doch stets für soziale Gerechtigkeit und die Verbesserung der Lebensumstände der Bielefelder Bürgerinnen und Bürger eingesetzt. Da die Geschichte unserer Partei laufend fortgeschrieben wird, ergänzen wir diese Seite regelmäßig mit Artikeln, Archivbeständenund historischen Dokumenten und hoffen, Ihnen und Euch somit einen lebhaften Eindruck unserer traditionsreichen Historie vermitteln zu können.

 

Franz Specht (1891 - 1964)

Franz Specht zählt zu den bedeutenden Bielefelder Sozialdemokraten der Nachkriegszeit. Der frühere Dornberger Bäckermeister machte sich nach Ende des Krieges vor allem als Amtbürgermeister und Landrat verdient. 

Franz Specht wurde am 16. Oktober 1891 in Bielefeld geboren, besuchte die Volksschule in Dornberg und erlernte danach das Bäckerhandwerk. Von 1918-1933 war er Sekretär der Gewerkschaft der Nahrungsmittel- und Getränkearbeiter - einer Vorgängerorganisation der NGG (Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten). Er wurde nach dem 02. Mai 1933 (Besetzung der Gewerkschaftsbüros durch die SA) von den Nazis verhaftet. Danach hat er sich auf Grund von Arbeitslosigkeit selbstständig gemacht.

Im Jahr 1933 legte Specht die Meisterprüfung ab und besaß fortan eine Bäckerei in Dornberg. Von 1946 bis zum Jahr 1961 hatte er die Positioin des Obermeisters der Bäckerinnung von Bielefeld Land und Stadt. Specht begann seine politische Karriere 1946, in diesem Jahr wurde er Mitglied des Rates der Gemeinde Hoberge-Uerentrup und auch des Kreistages von Bielefeld. Dem Kreistag gehörte er vom 13. Oktober 1946 bis zum 13. April 1961 an. In dieser Zeit war er auch Amtsbürgermeister in Dornberg.
Die wichtigste Wahl seines politischen Schaffens fand am 28. August 1947 statt: Franz Specht wurde zum Landrat gewählt und behielt dieses Amt dann bis 1961 inne. Sein Vorgänger in dieser herausgehobenen kommunalpolitischen Funktion war Kurt Baurichter und sein Nachfolger der SPD-Bezirkssekretär Erich Deppermann. Von 1953 bis 1961 war Specht zudem Mitglied der Landschaftsversammlung Westfalen-Lippe und bemühte sich um die Wahrnehmung seiner Heimatstadt auch über ihre Grenzen hinaus.Er verstarb in seiner Heimatstadt Bielefeld am 20. September 1964 im Alter von 72 Jahren. Franz Specht wurde auf dem Sennefriedhof in einem Gemeinschaftsgrab, gemeinsam mit Karl Schreck beigesetzt.


Emil Gross (1904 - 1967)

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Das Vermächtnis des Bielefelder Verlegers und SPD-Politikers Emil Gross wirkt bis heute entscheidend auf die deutsche Presselandschaft nach. Emil Groß ist Mitbegründer und Mitglied des ersten Aufsichtsrates der bis heute größten Nachrichtenagentur dpa (Deutsche Presseagentur) sowie Mitbegründer der  'Freien Presse', Vorläufer der Bielefelder Tageszeitung 'Neue Westfälische'. Auch die heutige Sozialdemokratie in Bielefeld ist maßgeblich durch Emil Gross geprägt, geht schließlich die Neugründung der Bielefelder SPD im Jahr 1945 nach dem Ende des Nationalsozialismus ihn zurück.

Gross hatte viele Ämter, unter anderem: Ratsherr (1946 1967), Landtagsmitglied (1947 1967), stellvertretender und Chef der Landtagsfraktion (1956 - 1958), Bezirksvorsitzender der SPD (1954 - 1967), Präsidiumsmitglied des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger, SPD-Landesvorstandsmitglied (1963 - 1967), Mitglied des SPD-Parteivorstandes (1946 1962), Mitglied im ZDF-Fernsehrat. Gross war 1947 Mitgründer der Nachrichtenagentur „Deutscher Pressedienst“ (DPD) für die Britische Zone und Vorsitzender des Aufsichtsrates bis 1949. Ab 1949 bis zu seinem Tode gehörte er dem Aufsichtsrat der neugegründeten „Deutschen Presseagentur“ (dpa) an.

Sein politisches Leben begann 1918 in der Sozialistischen Arbeiterjugend (SAI). Er studierte Staatswissenschaften 1930 bis 1933, emigrierte nach Amsterdam, ging in den Widerstand.  Die Nazis verhafteten ihn 1941 und warfen ihn bis 1943 ins Zuchthaus wegen "Vorbereitung zum Hochverrat". Nach Ende des zweiten Weltkrieges beantragte Gross am 5. Oktober 1945 die Wiedergründung der Sozialdemokratischern Partei in Bielefeld bei der britischen Militärbehörde. Am 2. April 1946 erhielt er zudem die Lizenz zur Herausgabe der Parteizeitung „Freie Presse“, die bereits einen Tag später erschien. Carl Severing wurde erster Chefredakteur des Blattes, das in der Tradition der „Volkswacht“ stand.

Gross’ Grab auf dem Sennefriedhof liegt in unmittelbarer Nähe der Ruhestätten seiner Parteifreunde Erich Deppermann (langjähriger Bezirkssekretär und Landrat), Carl Severing und Erik Nölting. Nölting, daran erinnerte Elfriede Eilers, war im August 1945 zum Generalreferenten für Wirtschaft im Oberpräsidium Westfalen in Münster ernannt worden. Anschließend war er bis zum 27. Juli 195 Wirtschaftsminister von Nordrhein-Westfalen.

Wenige Monate nach Gross Tod fusionierte die „Freie Presse“ mit der „Westfälischen Zeitung“ zur „Neuen Westfälischen“.


Elfriede Eilers (1921 - 2016)

Elfriede Eilers war über 70 Jahre Mitglied der sozialdemokratischen Partei und hat in diesen vielen Jahren ihre Schaffenskraft in den Dienst unserer Partei und unserer Gesellschaft gestellt.

Schon in ihrer Kindheit und Jugend war Elfriede geprägt durch ihre sozialdemokratischen Großeltern und Eltern. Mit neun Jahren wurde sie Mitglied der sozialdemokratischen Kinder- und Jugendorganisation Kinderfreunde, erlebte jedoch auch den Druck und die Repressionen der Nationalsozialisten. Im November 1945 wurde sie nach der nationalsozialistischen SchreckensherrschaftMitglied der SPD. “Ein neues, besseres Deutschland” sollte es werden, Elfriede arbeitete kräftig daran mit. Sie war damals Bilanzbuchhalterin bei den Stadtwerken Bielefeld, in ihrer Freizeit widmete sie sich der Kinder- und Jugendarbeit in der SPD und in der Sozialistischen Jugend Deutschlands “Die Falken”. Diese Arbeit wollte sie professionalisieren und hat die Wohlfahrtsschule der AWO in Karlsruhe und Mannheim besucht und anschließend in der Familienfürsorge und Erziehungsberatung und Heimleitung der AWO in OWL gearbeitet. Ab 1954 war sie als Jugendfürsorgerin bei der Stadt Bielefeld tätig.

In der SPD hat sie sich auf vielen Ebenen engagiert. So war sie von 1966-1978 Mitglied im Bezirksvorstand der SPD in OWL, von 1966-1977 im Parteivorstand der SPD, von 1972-1977 Mitglied im Präsidium des Parteivorstandes, von 1979-1993 Mitglied und später Vorsitzende der Bundeskontrollkommission, von 1978-1991 Bundesbeauftragte für Seniorenarbeit beim Parteivorstand der SPD. Neben der Kinder- und Jugendarbeit lag Elfriede Eilers immer die Frauenarbeit am Herzen. 1966-1977 war sie aktiv in der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen AsF im Bezirk OWL und im Bund. 1973 wurde sie die erste direkt von den Frauen gewählte Bundesvorsitzende der AsF, die bis dahin vom Parteivorstand gewählt und eingesetzt wurden. 1957-1980 war Elfriede Eilers Mitglied des Deutschen Bundestags, 1965-1980 Mitglied des Bundes-Fraktionsvorstandes und 1977-1980 Parlamentarische Geschäftsführerin. Von 1979-1984 war sie Mitglied des Rates der Stadt Bielefeld. 

Anlässlich ihres 60-jährigen Parteijubiläums hat die Bielefelder SPD Elfriede Eilers für ihre Lebensleistung, für ihr lebenslanges Engagement und ihren Einsatz für die soziale Demokratie zu ihrer Ehrenvorsitzenden ernannt. In ihrem Buch "Wenn Frauen aktiv sind, sind sie's meistens länger als Männer– Elfriede Eilers – Lebensbilder“, das die politische Biographie Elfriede Eilers darstellt, ist ihre Rede im Bundestag vom 30. Januar 1975 wiedergegeben. Anlässlich des "Internationalen Jahres der Frau", das die Vereinten Nationen 1975 ausgerufen hatten, zog Elfriede Eilers eine Art frauenpolitische Bilanz nach fünf Jahren sozialdemokratischer Regierungsführung. Zum Schluss ihrer Rede rief sie den Frauen das Motto der SPD für dieses Jahr zu:"Klagt nicht - organisiert euch!"

Wiebke Esdar, Vorsitzende der SPD Bielefeld: "Ihr Motto bleibt unsere Aufgabe. Die Bielefelder SPD hat Elfriede sehr, sehr viel zu verdanken. Sie war eine große Kämpferin für Kinder, für Gleichstellung, für mehr Gerechtigkeit. Sie wird uns fehlen."